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Brenner sozial: Obdachlosigkeit



Ab und zu geht auch ein Rockstar einkaufen. Besonders dann, wenn der Student krank ist, der sonst für 5,15 Stundenlohn die Tüten schleppen muß. Während man kopfschüttelnd die Preissteigerungen für Kaviar, Gleitcreme und Baßsaiten registriert, fällt einem das Elend der Straßen ins Auge. Ob man sie Berber, Obdachlose oder abschätzig Penner nennt, man wird ihrem schweren Schicksal damit nicht gerecht. Nein, es sind eher Worte wie "Stinkbeutel", "Lumpenlümmel" oder "Passagenschmarotzer", die dem humanistisch gebildeten Musiker durch den Geist eilen. Eine Frage stellt sich vor alle anderen und läßt sie nicht vorbei: Warum gehen diese Ekelbatzen nicht nach Hause? Wieso stellen sie sich nicht erstmal unter die Dusche und lassen sich von ihrer langbeinigen Rasseschönheit die Füße massieren, wie jeder durchschnittliche Industrial-Bassist?

Ist es purer Exhibitionismus, also perverse Armuts-Protzerei, die sie in unsere schönen Innenstädte zieht? Sitzen sie abends zusammen, prahlen mit offenen Beinen und Frostbeulen? Oder versuchen sie, der Langeweile achtstelliger Bankkonten zu entfliehen, die uns Indie-Musiker so peinigt? Flucht vor der GEMA-Sänfte, die uns vom Hauseingang zum Auto trägt, dem Sodbrennen nach dem Austernessen?

Dann überlege ich mir, ob ich nicht das stumme Wegsehen, die allgemeine Passivität einfach überwinden soll, die unsere Gesellschaft so auszehrt. Endlich mal etwas tun, z.B. tretend und schlagend unter die aussätzige Masse schreiten, bis man zu den Knien in Blut und Gedärmen steht? Endlich mal wieder Mensch sein, mit all seinen Urtrieben und Metzeleien, die uns vom Tier unterscheiden? Aber nein, die Verpflichtung jungfräulicher Modelgroupies raubt die Zeit zur Initiative und läßt den Tieftonvirtuosen nach einigen ausgeteilten Fußtritten in die Limo steigen.

Resignation ist nur ein Anfang, aber sie kann den Weg zur Ignoranz ebnen.


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